06.08.2021 - Lebensmittel
Ethylenoxid bzw. 2-Chlorethanol in Johannisbrotkernmehl (E410)
Am 08. Juni wurde durch Spanien „Ethylene oxide in Lygomme FM 4605 stabilizer from Turkey used in ice cream made in Spain“ mittels RASFF-Meldung zurückgerufen.
Ursache für die 2-Chlorethanol-Befunde scheint als gesicherte Quelle Johannisbrotkernmehl zu sein. Johannisbrotkernmehl ist als Bestandteil des Stabilisators, bei dem es sich um ein Mehrkomponenten-Gemisch handelt, enthalten.
2-Chlorethanol ist ins Johannisbrotkernmehl gelangt, da die Schoten mit den Johannisbrotsamen in der Türkei nach der Ernte mit Ethylenoxid begast wurden, um sie vor möglichem Verderb bei der weiteren Verarbeitung zu schützen. Da Ethylenoxid insektizide Eigenschaften besitzt, kann diese Behandlung zum Zwecke der Schädlingsbekämpfung erfolgt sein (Vorratsschutz), aber auch einen Schutz gegen mikrobiellen Verderb darstellen (Desinfektion). Aus rechtlicher Sicht wäre hier somit das Pestizidrecht anwendbar, da eine Nacherntebehandlung des Johannisbrots stattgefunden hat. Für Johannisbrot gilt laut der europäischen Pestizidverordnung (EG) Nr. 396/2005 ein Rückstandshöchstgehalt (RHG) von 0,1* mg/kg für die Summe aus Ethylenoxid und 2-Chlorethanol, ausgedrückt als Ethylenoxid.
Dem Hersteller des Stabilisators war die Begasung der Schoten nicht bekannt. Die Ware war bereits in Endprodukten verarbeitet worden, die Gehalte an Ethylenoxid (bzw. 2-Chlorethanol) lagen hier unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze von 0,02 mg/kg. Dies hatte zur Folge, dass auf europäischer Ebene darüber diskutiert wurde, wie mit Endprodukten allgemein umzugehen ist, in denen Ethylenoxid (als genotoxisch eingestufte Substanz) nicht mehr sicher analytisch bestimmt werden kann. Am 16. Juli wurde das Ergebnis von der EU-Arbeitsgruppe für die Krisenkoordination für Lebensmittel und Futtermitteln für die Vorgehensweise für den Lebensmittelzusatzstoff Johannisbrotkernmehl (E410) veröffentlicht. Demnach ist alles Johannisbrotkernmehl, das den Rückstandshöchstgehalt für Ethylenoxid (Summe aus Ethylenoxid und 2-Chlorethanol, ausgedrückt als Ethylenoxid) von 0,1* mg/kg überschreitet sowie alle damit hergestellten Produkte vom Markt zu nehmen und öffentlich vom Verbraucher zurückzurufen.
* Bei dem RHG handelt es sich um einen sog. Sternchen - RHG, also einem Rückstandshöchstgehalt auf Höhe der offiziellen analytischen Bestimmungsgrenze für diese Matrix.
Quelle:
Lebensmittelverband Deutschland - https://www.lebensmittelverband.de
Veröffentlichung der Europäischen Union – Link: https://ec.europa.eu/food/system/files/2021-07/rasff_ethylene-oxide-incident_e410_crisis-coord_sum.pdf